ExpertTalk - Reinigung mit dem Laser, für strahlende Ergebnisse

In unserer neuen Interviewreihe "ExpertTalk" stellt einen Kollegen des Fraunhofer-Geschäftsbereiches Reinigung eine innovative Reinigungstechnologie näher vor. Welche Kompetenzen, Möglichkeiten und Grenzen die Technologie hat und wo sie zum Einsatz kommt. Dabei wird auch die ein oder andere amüsante Anekdote aus unserem Alltag der Entwicklung solcher Technologien natürlich nicht fehlen. Dieses Mal haben wir Volker Franke vom Fraunhofer IWS mit unseren Fragen gelöchert.

1. Welche spezifische Reinigungstechnologie bietet Dein Institut an?

Wir fokussieren uns im wahrsten Sinne des Wortes und entwickeln Technologien für das „Reinigen mit Licht“. Dabei nutzen wir intensive Laserstrahlen als präzises Reinigungswerkzeug. Damit lassen sich punktgenau vielerlei Verschmutzungen auf Oberflächen einfach verdampfen. Die Intensität der Wechselwirkung kann definiert eingestellt werden – sozusagen vom sanften Pinsel bis hin zur groben Drahtbürste. Dann sprechen wir auch von der »LIGHTblast« Technologie, also „Sandstrahlen mit Licht“ als Alternative zu den staubigen mechanischen Strahlverfahren. Das Laserreinigen lässt sich automatisieren und in vielfältige Fertigungsketten integrieren.

2. Mit welchen Kompetenzen (Deines Institutes) bietet ihr die Technologie an?

Entwicklungen von laserbasierten Reinigungsverfahren begleiten wir bereits seit mehr als 20 Jahren. Das Prozess-Know-how nutzen wir in unseren Technika mit robusten Lasersystemen etablierter Anbieter und erweitern diese wo sinnvoll mit eigener Systemtechnik, beispielsweise im Bereich der Prozessüberwachung und -automatisierung. So wird das Reinigungsverfahren noch effizienter und leichter beherrschbar. Ein tiefes Prozessverständnis, gepaart mit vielfältigen Möglichkeiten zur Materialcharakterisierung und Bauteilprüfung, führt zu einem breiten Verständnis darüber, welche Verunreinigungen bei Prozessen wie dem Schweißen, Härten oder Beschichten stören und wie sie entfernt werden müssen

 

3. Warum sollte man gerade zu Euch kommen, und nicht eine Lösung vom Markt zurückgreifen? Welchen Vorteil bietet es dem Kunden?

Zu uns kommen Kunden, die mit den marktgängigen Lösungen eben nicht zufrieden sind. Bei Laserprozessen sind vielfältige Prozessparameter und Einflussgrößen zu berücksichtigen, wenn qualitativ und quantitativ optimale Ergebnisse ohne eine unerwünschte Beeinflussung des Bauteils erzielt werden sollen. Dies kann die Wahl von anwendungsspezifisch optimaler Systemtechnik und auch die Auslegung des Laserprozesses zu einer Herausforderung machen. Für potentielle Anwender ohne Erfahrung mit dieser Technologie ist das häufig eine Hürde. Als unabhängiger, nicht gewinnorientierter Dienstleister unterstützen wir unsere Kunden als neutraler Partner auf dem Weg zur geeignetsten Lösung.

 

4. Wo bzw. in welcher Branche und bei welchen Reinigungsaufgaben kommt die Technologie meist zum Einsatz?

Das Laserreinigen bietet insbesondere dann Vorteile, wenn die Reinigung nur lokal begrenzt erfolgen soll, da sich frei programmieren lässt, wo der Laserstrahl einwirkt. Der Laser als berührungsloses Reinigungswerkzeug verzichtet komplett auf Reinigungsmedien. Dadurch kommt das Verfahren auch dann zum Einsatz, wenn Bauteile nicht mit derartigen Medien in Kontakt kommen dürfen oder wenn die Kosten für Verbrauchsmedien und deren Entsorgung reduziert werden sollen. Laserreinigungssysteme – teilweise auch handgeführt - werden mittlerweile für vielfältige Aufgaben eingesetzt – beispielsweise für das Entlacken oder Entrosten von Metallbauteilen, das Entfetten und gleichzeitige Aufrauen von Klebestellen, das Reinigen von Formen (Abtragen von Trennmitteln oder Materialrückständen) oder das lokale Entfernen von Flussmittelresten sowie Pasten auf Leiterplatten.

 

5. Gab es bei der Entwicklung oder Anwendung der Technologie lustige oder interessante Begebenheiten?

Vielleicht eine aromatische Begebenheit: Im Reinigungsprozess verdampft oder zerstäubt der Laser die Verunreinigung. Die entstehenden Abprodukte werden direkt abgesaugt und in Filtern aufgefangen. Je nach Reinigungsanwendung kann es dann in unserem Labor leicht riechen oder lecker duften – beispielsweise als wir Lebensmittelreste wie Schokolade von Edelstahloberflächen entfernt haben.

 

6. Wie sieht die Zukunft dieser Technologie aus, wo geht es hin und was wird kommen?

Als vor gut zwanzig Jahren im Bereich der Laserreinigung geforscht und entwickelt wurde, waren die Systeme noch kostspielig und anfällig. Der Fokus lag seinerzeit stark auf Anwendungen in der Restaurierung von Kunst und Kulturgut. Seither sind die Systeme deutlich preiswerter, kompakter und zuverlässiger geworden, so dass sie von immer mehr industriellen Anwendern wirtschaftlich genutzt werden. Dieser Trend wird sich unserer Einschätzung nach fortsetzen, auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit und Umweltauflagen (Verbot von etablierten Reinigungsmedien). Wir sehen noch großes Potential bei der Automatisierung, Überwachung und Steuerung des Laserreinigungsprozesses. Hier entwickeln wir technische Lösungen, die das Verfahren intelligent und damit auch für anspruchsvolle Anwendungen beherrschbar machen.

 

7. Welche Dienstleistungen oder Services bietet ihr im Bereich Reinigungstechnologie konkret an? (Seminare, Service, Erarbeitung kundenspezifischer Prozesstechnologie, …)

Aufbauend auf unserer langjährigen Erfahrung in der Laserbearbeitung bieten wir unseren Partnern das komplette Spektrum von der technologischen Beratung über die maßgeschneiderte Entwicklung der Prozesse und der notwendigen systemtechnischen Lösungen bis hin zur Integration in die Fertigungsanlage beim Kunden

 

8. Was war das interessanteste Projekt, an dem Du in diesem Bereich gearbeitet hast?

Da hatten wir im Laufe der Jahre doch einige. Herausheben möchte ich vielleicht zwei. Einerseits war es ein außergewöhnlicher Einsatz, bei der Reinigung der ägyptischen Grabkammer des Neferhotep mitzuwirken, bei dem der Einsatz von Lasertechnik von der ägyptischen Antikenverwaltung erstmals genehmigt wurde. Andererseits hatten wir in einer Kooperation mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden kürzlich die Gelegenheit, Untersuchungen an brandgeschädigten, historischen Uhren zu realisieren. Herausfordernd waren dabei konkret die kaum noch lesbaren Emaille-Zifferblätter, an denen wir die Einsatzmöglichkeiten neuartiger Ultrakurzpulslaser erprobten. Diese Lasersysteme ermöglichten es, eine weniger als 1 µm dünne Schädigungsschicht minimalinvasiv von der Emaille zu entfernen. Im Resultat war das Zifferblatt wieder lesbar, und der Glanz der Emaille blieb erhalten. Dies zeigt anschaulich, wie feinfühlig der Laser arbeiten kann.