Leuchtturmprojekt zur innovativen Fertigung von Ersatz- und Serienbauteilen

Die Additive Fertigung hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung für die Produktionstechnik gewonnen. Im Besonderen das Laser-Sintern (LS) hat z. B in der Automobilindustrie einen großen Schritt in Richtung Massenfertigung individualisierter Produkte geschafft. Dabei wurden die vertikale als auch die horizontale Integration additiver Fertigungsverfahren in konventionelle Linien stets nur in einem begrenzten Rahmen umgesetzt. Ursachen dafür sind ein Mangel an prozesskettenübergreifenden Standards und niedrigen Automatisierungsgraden der Bearbeitungs- und Transportprozesse. Beispielsweise wurde bisher der Bauteilreinigung und Detektion von Verunreinigungen wenig Beachtung geschenkt.

Durch den Vorteil der Additiven Fertigung, komplexe Strukturen erzeugen zu können, ergibt sich zugleich der Nachteil der prozessbedingten Ansammlung von Verunreinigungen an filigranen und schwer zugänglichen Komponenten. Dies kann beispielsweise für additiv gefertigte Kunststoffbauteile Relevanz besitzen, welche bereits auf kleinste Verunreinigungen mit einer Beeinträchtigung der Funktion und Lebensdauer reagieren.

 

Digitalisierte Fertigungslinien für die Automobilbranche erwünscht

In der Automobilbranche wächst der Wunsch das hohe Potential additiver Fertigungsverfahren in der Serienproduktionslinie vollumfänglich auszuschöpfen. Dadurch können zukünftig Prozesszeit sowie Fehleranfälligkeit reduziert und die Produktqualität gesteigert werden. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt POLYLINE bringt 15 Industrie- und Forschungspartner aus Deutschland zusammen, um eine digitalisierte Fertigungslinie der nächsten Generation zu entwickeln. Ziel ist es, die konventionellen Fertigungstechniken (z. B. Zerspanen, Gießen etc.) durch Additive Fertigung in Form von durchsatzstarken Linienproduktionssystemen zu ergänzen. So soll eine durchgängige digitale Prozesskette von der Prozessvorbereitung über den LS-Prozess, das Abkühlen und Auspacken sowie die Reinigung und Nachbearbeitung der Teile geschaffen werden (siehe Bild 1).

 

 

© G. Katsimitsoulias, Fraunhofer IML
Bild 1: Schematische Darstellung einer Laser-Sinter-Produktionslinie

Feinstreinigung und Sauberkeitsanalyse unumgänglich

Das Fraunhofer IGCV befasst sich in dem Forschungsvorhaben − neben der Produktionsplanung und -steuerung − mit dem Thema technische Sauberkeit. Hier wird erforscht, wie insbesondere durch die Definition von Reinigungsprozessketten LS-Bauteile in einen definierten Sauberkeitszustand – erforderlich für die Veredelung (z. B. Färben, Kleben etc.) und den Einsatz im Feld – gebracht werden können. Bis 2023 soll dadurch unter anderem ein Grundstein für weitere interdisziplinäre Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in den Feldern Additive Fertigung und technische Sauberkeit gelegt werden. Die Anwendungsfälle umfassen personalisierte Komponenten sowie Serienbauteile in großen Stückzahlen.

Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Industrie und Forschung konnten bereits innerhalb des ersten Projektjahres die Anforderungen an die technische Sauberkeit definiert und ein Konzept für die Feinstreinigung erarbeitet werden (siehe Bild 2). Im Rahmen der Untersuchungen zeigte sich zudem, dass die Ultraschallreinigung und das Druckwechselwaschen ein großes Potential zur Bauteilaufbereitung aufweisen. Die auf dem Markt zur Verfügung stehende Messtechnik zur Erfassung und Klassifizierung von Kunststoffpartikeln ist hingegen für die Anwendungen in der Additiven Fertigung nicht ausreichend und gilt es zu erweitern. Basierend auf diesen Arbeiten werden derzeit weitere Parameterstudien durchgeführt sowie Sauberkeitsgrenzwerte für das Färben und Kleben additiv gefertigter Kunststoffbauteile erarbeitet.

© Fraunhofer IGCV
Bild 2: Feinst-Reinigungskonzept am Beispiel einer personalisierten Komponente

Mehr Informationen zum Projekt und weiteren Forschungsvorhaben aus dem Bereich Additive Fertigung und technische Sauberkeit finden Sie auf der Website des Fraunhofer IGCV:

https://www.igcv.fraunhofer.de/de/forschung/referenzprojekte/verarbeitungstechnik_referenzprojekte.html

Autor: Svenja Krotil, M. Sc., Wissenschaftliche Mitarbeiterin; Gruppe: Qualität und technische Sauberkeit

Kontakt: Fraunhofer IGCV; Am Technologiezentrum 10, 86159 Augsburg, www.igcv.fraunhofer.de ; svenja.krotil@igcv.fraunhofer.de